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Ernst Ludwig Gerber
Friedrich Wilhelm Bollinger
Berlin 1797
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Ernst Ludwig Gerber
Sondershausen und Leipzig 1812

Gerber, der Berichterstatter

Der Virtuose Hermstedt und der Fürst Günther hatten in Sondershausen einen außergewöhnlichen Berichterstatter für das Wissen um die Musik: den Lexikographen Ernst Ludwig Gerber (1746–1819), der ab 1790 ein 'Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler' in zwei Bänden herausgab, das bis heute in vielen Fachbibliotheken zu finden ist.

Gerber stand als Jurist in höfischen Diensten, hatte an der Universität Leipzig studiert und verfügte über eine außergewöhnliche Bibliothek, die er im Alter dann der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien übereignete. Die Zurückgezogenheit seines Dienstes erlaubte ihm die akademische Nebentätigkeit, mit der er zum Begründer der modernen Musiklexikographie wurde.

Gut zwanzig Jahre später veröffentlichte er unter dem Titel 'Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler' eine vierbändige Neuausgabe, in denen die Klarinette und das Netzwerk um Spohr und Hermstedt mehrfach Erwähnung finden.

Das 'Alte' und das 'Neue Tonkünstler-Lexikon' Gerbers, wie die beiden Nachschlagewerke heute genannt werden, haben die Entwicklung der deutschsprachigen Musikwissenschaft wegweisend geprägt. Ungeachtet ihrer weiten Verbreitung und ihres Nachdrucks im 20. Jahrhundert fand jedoch manches Wissen daraus wenig Beachtung, weil es in Personen-Artikeln versteckt und gar nicht leicht zu finden ist.

Gerber stellt nicht nur die hier behandelten Akteure vor, etwa Hermstedt, sondern breitet auch den Mythos von der unerreichten Virtuosität des 1. Klarinetten-Konzerts von Spohr aus. Dabei unterlaufen ihm gelegentlich auch kleine Irrtümer, etwa wenn er Spohrs Gattin Dorette Scheidler mit ihrer Mutter verwechselt.

Gern wendet sich der Autor den Biographien auch anderer Virtuosen, Komponisten oder Hersteller der Klarinette zu, etwa Johann Christian BachJohann Christoph Denner, August Grenser oder Georg Nason.

Selbst an den technischen Innovationen des Instrumentenbaus nahm er regen Anteil, wie sein Registereintrag einer Gisklappe glaubhaft belegt, die er im dritten Absatz des Artikels über Gerhard Hoffmann beiläufig erwähnte.
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Flöte, Heinrich Grenser, Dresden zwischen 1801 und 1805, MIMUL 3146
Die gis-Klappe ist für den kleinen Finger der linken Hand erreichbar.

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