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Ein Satz fünf- bzw. sechsklappiger Klarinetten, wie ihn ein Virtuose um 1800 besessen haben mag, mit Wechselstücken in A, B, H und C.
EUCHMI 5134 und 5135, mit freundlicher Genehmigung des Musikinstrumentenmuseums Edinburgh
Klarinette in Dis
Dresden um 1830–1840
MIMUL 3042

Klarinetten mit Wechselstücken

Die spielbaren Tonarten beschränken sich bei der fünfklappigen Klarinette auf C-Dur und die verwandten Tonarten F-Dur und G-Dur. Da dies ein recht begrenzter Tonvorrat ist, standen dem Klarinettisten Klarinetten in verschiedener Stimmung zur Verfügung.
Im späten 18. Jahrhundert boten die Instrumentenbauer Klarinetten mit Wechselstücken, den sogenannten pieces de rechange oder corps de rechange an. Dies waren zum Auswechseln vorgesehene zusätzliche Sätze von Ober- und Herzstücken in differierender Länge, mit denen man einen Halbton tiefer oder höher spielen konnte. Meist haben sich Instrumente in B mit Wechselstücken in A erhalten. Mundstück, Fässchen, Unterstück und Becher wurden in der Regel mit Wechselstücken verschiedener Längen kombiniert. Dies sparte Material, Geld und Platz. Manche Instrumentenbauer boten jedoch auch alternative Fässchen an.

Das Inventionshorn oder die Flöte waren im 18. Jahrhundert mit ähnlichen Wechselstücken ausgestattet. Ein Beispiel für einen solchen Satz findet sich im Musical Instruments Museum Edinburgh.

Eine deutlich später gebaute Klarinette mit Wechselstücken hat sich im MIMUL erhalten.
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Folgender Überblick der ausführbaren Tonarten mit Klarinetten verschiedener Stimmung, gibt einen Eindruck davon, wie Klarinetten eingesetzt wurden.

Instrument       Tonarten (klingend)
C-Klarinette       C F G a
B-Klarinette       B Es F g
A-Klarinette       A D E fis
H-Klarinette       H E Fis gis

Ein Beispiel für die Verwendung von Klarinetten mit Wechselstücken in A, B, H und C ist Mozarts 1781 für den Münchner Hof komponierte Oper Idomeneo KV 366, in welcher Klarinetten dieser Stimmungen verwendet werden. Vermutlich hat Mozart einen solchen Gebrauch der Klarinetten verschiedener Stimmung in Paris kennengelernt, zumal seine Klarinettenstimmen, ganz dem französischen Usus entsprechend, stets in C-Dur oder F-Dur notiert sind. Das vierte Klarinettenkonzert in fis-Moll hat Louis Spohr für A-Klarinette geschrieben.

Womit wir bei einer zentralen Frage wären: Was bedeutet Klarinette in A? Die Bezeichnung der Stimmung orientiert sich an dem Ton, der erklingt, wenn der Spieler ein C greift. Heute ist es üblich, dem Spieler eine transponierte Stimme zur Verfügung zu stellen. D. h.: Ein Stück in F-Dur ist in G-Dur notiert, wenn es auf der B-Klarinette gespielt wird. Man könnte dies eine grifftechnische Notierung nennen.

Die Klarinetten verschiedener Stimmtonhöhen unterscheiden sich deutlich in ihrer Klangfarbe. Eine ästhetische Diskussion, die sich insbesondere mit den Klangfarben von Klarinetten in unterschiedlichen Stimmungen in A, B und C auseinandersetzt, beginnt in den Jahren vor 1800.



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