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Das Harfenarchiv Beat Wolf im MIMUL hält eine große Zahl von Belegen für die Mechanisierung und Chromatisierung der Harfe bereit: mit Gabelscheiben, Dreh- oder Zugkrücken in allen erdenklichen Varianten.

Die Mechanisierung der Harfe

Die Harfe war zunächst ein diatonisch gestimmtes Instrument, mit dem nur wenige Tonarten spielbar waren. Mit Hilfe bestimmter Spieltechniken konnten einige weitere Tonarten hinzugefügt werden. In der Renaissance und im Barock wurden erste Versuche hin zu einer Chromatisierung unternommen. Die Harfe erhielt einen bis zu dreireihigen Saitenbezug, wodurch die chromatischen Töne in einer eigenen Saitenebene lagen. Gleichzeitig wurde der Tonumfang erweitert.

Der erste Schritt zur Mechanisierung der Harfe, mit der das Problem der Chromatisierung gelöst werden sollte, soll Ende des 17. Jahrhunderts in Tirol erfolgt sein. Bisher gibt es dafür jedoch keine Belege.

Als Ausgangpunkt bediente man sich der diatonischen Harfe, an deren Hals neben bestimmten Saiten, die umgestimmt (alteriert) werden sollten, ein Metallhaken angebracht wurde. Dieser wird mit der Hand gegen die jeweilige Saite gedreht, wodurch die Saite so abgeklemmt wird, dass sie genau einen Halbton höher klingt. Nachteilig war bei diesen sogenannten Hakenharfen, dass der Haken von Hand bedient werden musste, welche in diesem Moment also nicht für das Spiel zur Verfügung stand.

Die Erfindung der Pedalharfe Anfang des 18. Jahrhunderts wird dem in Donauwörth tätigen Jakob Hochbrucker zugeschrieben. Er baute Harfen mit 35 Saiten und anfangs fünf, später sieben Pedalen. Bei der Pedalharfe werden die Saiten mittels eines Mechanismus umgestimmt, der sich im Hals der Harfe befindet und der mit den Pedalen im Pedalkasten verbunden ist. Vorteilhaft ist, dass der Mechanismus mit den Füßen bedient wird, wobei die Hände zum Spielen des Instrumentes frei bleiben. Außerdem werden mit einem Pedaltritt alle gleichnamigen Töne gleichzeitig alteriert.

Einfachpedalharfen wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts vor allem von französischen Werkstätten wie Cousineau oder Nadermann gebaut. Im Laufe eines Jahrhunderts haben sich verschiedene Verkürzungsmechaniken entwickelt. Am bedeutendsten sind davon die Mechaniken mit sogenannten Zugkrücken (crochets), Drehkrücken (béquilles) oder Gabelscheiben (fourchettes). Mit der in Es-Dur gestimmten Einfachpedalharfe können nun acht Dur- und fünf Moll-Tonarten gespielen werden.

1782 entwickelte Georges Cousineau eine Doppelpedalharfe, die 14 Pedale besaß, je sieben in zwei übereinander angeordneten Reihen, und am Hals zwei Reihen von Drehkrücken (béquilles). Damit konnten auf einer Saite drei Töne gespielt werden. Die Grundstimmung dieser Harfe wurde auf Ces-Dur festgelegt. Auf diese Weise waren nun alle chromatischen Töne und somit alle Tonarten spielbar. Mit derartigen Instrumenten konnte Cousineau jedoch keine Erfolge erzielen, da die Spieltechnik als zu kompliziert galt.

Von Cousineaus 14-Pedal-Harfen inspiriert, ließ sich Sébastien Erard 1801 seine erste Doppelpedalharfe patentieren (Patent No 2502, London). Er übernahm die Grundstimmung Ces-Dur. Diese Harfe besaß wieder sieben Pedale, die jetzt zweimal getreten werden konnten. Durch treppenartige Einschnitte in der Zarge des Pedalkastens wurde eine Arretierung des Pedals in zwei Stufen ermöglicht. Die Verkürzung der Saite erfolgte über eine Drehung des Wirbels, an dem die Saite befestigt war. Dieses System scheint jedoch nie zur vollen Zufriedenheit funktioniert zu haben. 1810 patentiert Erard deshalb eine Doppelpedalharfe, deren Verkürzungsmechanismus mit zwei Gabelscheiben arbeitet. In den Grundzügen blieb Erards Mechanik in einer vereinfachten Weise bis heute erhalten.
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